Nelson, J. Bryan (2005): Pelicans, Cormorants and their Relatives ∙ The ‚Pelecaniformes’. - 661 Seiten, 12 Farbtafeln, zahlreiche Schwarzweiß-Zeichnungen und -Fotos, Verbreitungskarten, Tabellen und Graphiken. – Geb., 19 x 25 cm, Oxford University Press, Oxford, New York.  -  ISBN 0-19-857727-3  -  £ 95,- / US$ 174,50

 

 

 

Der 17. Band der OUP-Serie „Bird Families of the World“ widmet sich den ‚Pelecaniformes’ und liefert in bewährt prägnanter Form einen Überblick dieser faszinierenden Vögel. Mit Bryan Nelson wurde ein bekannter und erfahrener Autor gewonnen. Seine „Sulidae“ (1978, OUP), die Basstölpel-Monografie „The Gannet“ (1978, Poyser) setzten hohe Standards, zuvor auch schon sein Buch zu einem völlig anderen Thema, nämlich über Jordaniens ehemals bedeutendstes Feuchtgebiet „Azraq, Desert Oasis“ (1973; Allan Lane).

Der Inhalt gliedert sich in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Mit 200 Seiten umfasst der erste Teil Verwandtschaftsfragen (auch fossile Formen), Verhalten & Bewegungen, Brutökologie (53 Seiten stark!), Verhältnis zum Menschen (mit „nur“ 20 Seiten eher dünn), und allgemeine Darstellungen der sechs Familien. Die Dimensionen der Aufgabenstellung werden bei den Artkapiteln im zweiten Teil deutlich. Auf 338 Seiten werden 7 Pelikan-Arten, 9 Tölpel, 39 Scharben, 2 Schlangenhalsvögel, 5 Fregattvögel und 3 Tropikvögel abgehandelt, pro Art zwischen gut einer (Bounty- u. Mohrenscharbe) und 30 (Basstölpel  -  wen wundert’s!), im Schnitt 3-4 Seiten, alle klar und gut vergleichbar gegliedert in die Themen Unterarten, Beschreibung, Feldkennzeichen (kurz und knapp), Maße, Stimme, Verbreitung, Nahrungssuche und Nahrung, Habitat und Brutbiologie. - Mir gefallen die Verbreitungskarten, die anschaulich, oft detailliert darstellen - vorbildlich! - Gegen Ende ein Anhang mit Maßen, dann die Bibliografie mit etwa 1.400 Literaturstellen (imposant, bei der Thematik dennoch ungenügend, da teils zu wenig regionale Schriften berücksichtigt wurden: Nicht englischsprachige Quellen muss man suchen!). Ein Glossar zu ausgewählten Fachausdrücken und der Index schließen das Buch ab.

Erfahrungsgemäß spielen Illustrationen eine Kauf-entscheidende Rolle, zumal bei einem derart hochpreisigen Produkt. Das meisterhafte Kormoranportrait von Bas Teunis auf dem Schutzumschlag lässt hoffen. - Die zwölf Farbtafeln von Andrew Mackay zeigen alle 65 Arten in 2-8, meistens 3 verschiedenen Kleidern, der hohen Zahl wegen aber recht klein. Mackay zeigt die Vögel etwas schematisiert, arbeitet Unterschiede dennoch gut heraus. - Im Text überzeugen die Schwarzweiß-Darstellungen von John Busby, mit dem Nelson schon in früheren Werken und seit einigen Jahrzehnten zusammen arbeitete. Viele davon wünschte man sich farbig ausgemalt als Gemälde an der Wand. Mir gefallen vor allem die Nashornpelikane auf Seite 217. Auch die anschließenden 12 Schwarzweiß-Tafeln lohnen einen zweiten Blick und auch die Auswahl der erlesenen Schwarzweiß-Fotos im Text verdient Lob.

Hohe Artenzahl und neue Erkenntnisse bedingten eine Erstellung des Buches über viele Jahre. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich auf eine Familie zu beschränken? - Die Scharben allein böten Stoff genug (Kormoranforschung!). -  Doch auch dieser Band wird den hohen Ansprüchen der Serie gerecht: Ein ansprechendes Werk, das schon auf den ersten Blick „wertvoll“ wirkt. - Kein Feldführer, kein Bestimmungsbuch! - Den Schwerpunkt sehe ich bei der gelungenen Darstellung der hoch entwickelten Verhaltensweisen der Pelecaniformes.

Für Leser in Mitteleuropa bietet der Band nicht nur eine Zusammenfassung unseres derzeitigen Wissensstandes. Die Arten weltweit zu vergleichen ist von grundsätzlicher Bedeutung, wenn man z. B. die Kormoranproblematik diskutieren will. - Auch die Basstölpel bieten fesselnden, für Norddeutsche sogar sehr aktuellen Stoff, wenn man an die rasante Entwicklung unserer einzigen deutschen Brutkolonie auf Helgoland denkt.

Volker Konrad